Schweizer Traditionen

Lebendige Traditionen: Schweizer Feste und Bräuche

Erleben Sie die kulturelle Vielfalt der Schweiz durch ihre faszinierendsten Traditionen, Feste und lokalen Bräuche.

Die Schweiz ist ein Land voller lebendiger Traditionen und Bräuche, die oft Jahrhunderte zurückreichen und bis heute mit viel Leidenschaft gepflegt werden. In einem Land mit vier Sprachregionen und 26 Kantonen haben sich zahlreiche einzigartige kulturelle Ausdrucksformen entwickelt, die die Vielfalt und das reiche kulturelle Erbe der Schweiz widerspiegeln.

In diesem Artikel stellen wir Ihnen einige der faszinierendsten und spektakulärsten Schweizer Traditionen und Feste vor. Von farbenfrohen Karnevalsumzügen über althergebrachte Alpabzüge bis hin zu modernen Interpretationen alter Bräuche – diese kulturellen Höhepunkte bieten tiefe Einblicke in die Schweizer Identität und Geschichte.

1. Fasnacht in Basel – Die "drey scheenschte Dääg"

Basler Fasnacht

Basel, Nordwestschweiz

Die Basler Fasnacht ist die größte Karnevalsveranstaltung der Schweiz und beginnt traditionell am Montag nach Aschermittwoch – im Gegensatz zu den meisten anderen Karnevalsfeiern, die vor der Fastenzeit stattfinden. Sie beginnt um 4 Uhr morgens mit dem "Morgestraich", wenn alle Lichter der Stadt erlöschen und Tausende von Laternenträgern durch die Dunkelheit ziehen.

Während der drei Fasnachtstage ("drey scheenschte Dääg") ziehen die "Cliquen" in aufwendigen Kostümen und mit kunstvoll gestalteten Laternen durch die Stadt, spielen Piccolo und Trommel und verteilen "Zeedel" (Spottverse) und "Räppli" (Konfetti) an die Zuschauer.

Termin: Jährlich im Februar oder März, beginnend am Montag nach Aschermittwoch um 4 Uhr morgens

Die Basler Fasnacht wurde 2017 von der UNESCO als immaterielles Kulturerbe der Menschheit anerkannt. Die Vorbereitungen für dieses dreitägige Spektakel beginnen bereits ein Jahr im Voraus, wenn die Cliquen ihre Themen festlegen und mit dem Bau der Laternen und dem Schneidern der Kostüme beginnen.

Besonders beeindruckend sind die "Guggemusige" – Musikgruppen, die mit teils absichtlich schrägen Tönen für Stimmung sorgen – sowie die "Schnitzelbängg", die in Beizen (Kneipen) und Kellern satirische Verse über aktuelle Ereignisse vortragen.

"Die Basler Fasnacht ist kein Karneval, sondern eine Lebenseinstellung. Die Stadt taucht für drei Tage in eine andere Welt ein – eine Welt, in der Musik, Satire und gemeinschaftliches Erleben im Mittelpunkt stehen." – Daniel, Basler und Mitglied einer Fasnachtsclique

2. Alpabzug (Désalpe) – Wenn die Kühe von der Alp kommen

Alpabzug / Désalpe

In verschiedenen Alpenregionen, besonders bekannt in Graubünden, im Berner Oberland und im Freiburgerland

Der Alpabzug markiert das Ende des Alpsommers, wenn die Kühe von den Bergweiden zurück ins Tal geführt werden. Die Tiere werden festlich geschmückt mit Blumen, Tannenzweigen und großen Glocken (Treicheln), deren Klang weithin zu hören ist.

Die Sennen tragen traditionelle Trachten, und in vielen Dörfern werden Alpabzüge von Festen mit Volkstanz, Musik und regionalen Spezialitäten begleitet. Besonders spektakulär sind die Alpabzüge in Charmey, Entlebuch und im Prättigau.

Termin: September bis Oktober, je nach Region und Wetterbedingungen

Der Alpabzug ist mehr als ein pittoreskes Spektakel für Touristen – er repräsentiert einen wichtigen wirtschaftlichen und kulturellen Aspekt des alpinen Lebens. Während des Sommers grasen die Kühe auf den nährstoffreichen Alpweiden, was dem Alpkäse seinen charakteristischen Geschmack verleiht. Der festliche Alpabzug findet aber nur statt, wenn der Sommer ohne Unfälle verlaufen ist. Musste ein Tier auf der Alp zurückgelassen werden, verzichten die Sennen auf die Dekoration.

3. Sechseläuten – Der Zürcher Frühlingsbote

Sechseläuten

Zürich

Das Sechseläuten ist ein traditionelles Frühlingsfest in Zürich, bei dem der "Böögg" – ein mit Sprengstoff gefüllter Schneemann – auf einem Scheiterhaufen verbrannt wird. Die Zeit vom Anzünden des Feuers bis zur Explosion des Kopfes soll die Länge des kommenden Sommers voraussagen: Je schneller der Kopf explodiert, desto schöner soll der Sommer werden.

Vor der Verbrennung des Bööggs findet ein farbenprächtiger Umzug der Zürcher Zünfte statt, bei dem die Zunftmitglieder in historischen Kostümen durch die Stadt ziehen, begleitet von Musikgruppen und Pferden.

Termin: Dritter Montag im April

Das Sechseläuten (auf Schweizerdeutsch "Sächsilüüte") hat seinen Namen von der einstigen Tradition, im Sommer die Arbeitszeit zu verlängern. Ab dem ersten Montag nach der Frühlings-Tagundnachtgleiche läuteten die Glocken um sechs Uhr abends statt wie im Winter um fünf, um das Ende des Arbeitstages anzuzeigen.

Die 26 Zünfte Zürichs, die historischen Handwerksvereinigungen, spielen beim Sechseläuten eine zentrale Rolle. Nach dem Umzug und der Verbrennung des Bööggs finden Zunftessen statt, zu denen hochrangige Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Kultur eingeladen werden.

4. Unspunnenfest – Das Fest der Alphirten und Schwinger

Unspunnenfest

Interlaken, Berner Oberland

Das Unspunnenfest gilt als eines der bedeutendsten traditionellen Feste der Schweiz und findet seit 1805 in unregelmäßigen Abständen statt. Im Mittelpunkt stehen alte Schweizer Traditionen wie Schwingen (Schweizer Ringkampf), Steinstoßen mit dem 83,5 kg schweren Unspunnenstein, Alphornblasen, Fahnenschwingen und traditionelle Trachten und Tänze.

Das Fest wurde ursprünglich gegründet, um die Kluft zwischen der ländlichen Bevölkerung und den Stadtbewohnern zu überbrücken und gilt heute als Feier der schweizerischen Identität und Einheit.

Termin: Findet alle 12 Jahre statt, zuletzt 2017, nächster Termin 2029

Das Unspunnenfest hat eine bewegte Geschichte: Der namensgebende Unspunnenstein wurde 1984 von jurassischen Separatisten gestohlen und erst 2001 teilweise zurückgegeben. Ein Nachbildung des Steins wird seit 1986 bei den Wettkämpfen verwendet, wobei der aktuelle Rekord im Steinstoßen bei erstaunlichen 4,11 Metern liegt.

Zehntausende Besucher strömen zu diesem Fest, das traditionelle Schweizer Kultur in ihrer reinsten Form zeigt und in einer spektakulären Naturkulisse mit Blick auf Eiger, Mönch und Jungfrau stattfindet.

5. Chalandamarz – Lärmend den Winter vertreiben

Chalandamarz

Graubünden (besonders im Engadin, Münstertal und den romanischsprachigen Tälern)

Chalandamarz (rätoromanisch für "erster Tag des März") ist ein altes Brauchtum, bei dem Schulkinder mit Glocken, Peitschen und Gesang durch die Dörfer ziehen, um den Winter zu vertreiben und den Frühling zu begrüßen. Die Kinder tragen dabei traditionelle Trachten und singen alte rätoromanische Lieder.

In einigen Dörfern wie Guarda oder Zuoz gibt es zusätzliche Rituale wie Tänze auf dem Dorfplatz oder das "Plumpner", bei dem junge Männer durch das Dorf ziehen und den Bewohnern Fruchtbarkeit und eine reiche Ernte wünschen.

Termin: 1. März (in manchen Gemeinden auch andere Daten, je nach lokalem Brauch)

Chalandamarz wurde vielen durch den berühmten Roman "Schellen-Ursli" von Selina Chönz und die Illustrationen von Alois Carigiet bekannt, der die Geschichte eines Jungen erzählt, der für das Fest die größte Glocke finden muss. Der Brauch hat vorchristliche Wurzeln und diente ursprünglich dazu, böse Geister zu vertreiben und die Fruchtbarkeit des Landes nach dem Winter zu fördern.

"Als Kind teilzunehmen am Chalandamarz ist etwas ganz Besonderes. Man fühlt sich als Teil einer uralten Tradition und hat gleichzeitig den Eindruck, etwas Wichtiges zu tun: den Winter zu vertreiben und dem Frühling den Weg zu bereiten." – Anna, Engadinerin

Fazit: Lebendige Traditionen als Bindeglied zwischen Vergangenheit und Gegenwart

Die Schweizer Feste und Bräuche sind weit mehr als touristische Attraktionen – sie sind lebendige Traditionen, die eine wichtige Rolle für die kulturelle Identität und den sozialen Zusammenhalt des Landes spielen. Sie verbinden Vergangenheit mit Gegenwart, ländliche mit städtischen Gebieten und unterschiedliche Sprachregionen miteinander.

Wer diese Traditionen hautnah miterleben möchte, sollte seine Schweizreise entsprechend planen. Viele der beschriebenen Veranstaltungen finden nur einmal im Jahr oder sogar seltener statt, bieten dafür aber einmalige und unvergessliche Einblicke in die Schweizer Kultur, die weit über das hinausgehen, was ein gewöhnlicher Touristenbesuch vermitteln kann.

Haben Sie bereits Schweizer Traditionen und Feste miterlebt? Teilen Sie Ihre Erfahrungen und Eindrücke in den Kommentaren mit uns!